Sven Breiter – ein Aschaffenburger auf dem Weg in die DEL
[Quelle: Main Echo, 17.10.2007]
Er wurde deutscher Juniorenmeister, Bayerischer Schülermeister, Topscorer diverser deutscher Nachwuchsligen, Juniorennationalspieler und ist letzte Saison mit dem EHC Wolfsburg in die DEL aufgestiegen. Und dennoch ist er in unseren Breitengraden fast unbekannt.
Die Rede ist vom 20-jährigen Eishockeyprofi Sven Breiter, in der Aschaffenburger Eissporthalle hat er angefangen, am Untermain hat er seine Wurzeln.
Als Mitte der 90er Jahre Vater Wolfgang zusammen mit seinem Filius beim Training der damaligen Eishockeyabteilung des WSV Aschaffenburg (heute ausgegliedert als Aschaffenburger EV) auftauchte, konnte keiner ahnen, dass der kleine, zierliche, fast schon schüchtern wirkende Junge einmal ganz hoch hinaus kommen würde. Doch schon schnell wurde den Trainern klar: hier wächst ein echtes Talent heran. Innerhalb kürzester Zeit konnte der damals 8jährige sehr gut mit Schläger und Puck umgehen, und auch das Laufen auf dem glatten Untergrund beherrschte er sehr schnell. Da es ihm an Spielwitz auch nicht fehlte, gliederte der damalige Trainer Stefan Himmler den „Kleinen“ in der Schülermannschaft der 13 – 15jährigen mit ein. „Er war einfach den Anderen ein bis zwei Stufen voraus“ erinnert sich dieser heute. „Sven war ein Kind, der Eishockey geliebt und gelebt hat. Von Morgens früh bis Abends spät: Eishockey war der Lebensinhalt, das war SEIN Spiel.“
Auch Brüderchen Sören (heute 17) wurde nicht von der Eishockey Besessenheit seines Bruders verschont, so war er zunächst nur der Sparringspartner, fing aber bald ebenfalls an dem Puck auf dem schnellen Parkett hinterher zu jagen. Nur die Schule hinkte bei Sven etwas den Fortschritten die er auf dem Eis machte hinterher, dies sollte sich jedoch ab 1998 ändern, als Sven die Möglichkeit bekam mit seinem Trainer Stefan (übrigens auch Paten) nach Augsburg zu folgen.
In Augsburg wurde „Asche“, wie er wegen seiner Heimatstadt AB genannt wurde, schnell akzeptiert und integriert. Ein unkomplizierter netter Junge, der sämtliche Trainer durch seine kompromisslose Art Eishockey zu spielen überzeugte. So urteilte Sven’s damaliger Trainer Klaus Demharter über den „Kleinen aus Aschaffenburg“ einmal, dass Sven der einzige Spieler seiner Mannschaft sei, der immer 100% gebe. Egal ob Training oder Spiel.
Alles war auf Eishockey abgestimmt, und die schulischen Leistungen wurden ebenfalls besser, ein Resultat der konsequenten Haltung von Vater Wolfgang: passt alles in der Schule, ist alles OK – wenn die Schule unter dem Sport leidet, wird nach und nach der Sport gestrichen. überprüft wurde dies an den Wochenenden, die Wolfgang Breiter immer in Augsburg bei seinem Sohn verbrachte und vom „Ziehvater“, Paten und Trainer Stefan unterstützt wurde.
Schnell wurde Sven in die bayerische Auswahl berufen, kein Wunder, denn mit 150 Scorer Punkten (davon 83 Tore) in 36 Spielen, war er der Beste seiner Altersklasse in ganz Bayern. Einzig seine geringe Körpergröße bereitete manchmal Schwierigkeiten, die er aber mit Schnelligkeit, Spielwitz und Tricks gekonnt ausmerzen konnte.
Mit 15 wechselte Sven für eine Saison zum EV Landsberg in die Jugend-Bundesliga. In Augsburg lief zuvor einiges schief, nicht mit ihm, aber innerhalb des Vereins, und auch sein Mentor Stefan hatte den Verein in Richtung Bietigheim verlassen. Seinen Realschulabschluss konnte Sven mit der „Mittleren Reife“ beenden, und dies als Jahrgangsbester. Schon bemerkenswert, denn es gab keinen Tag an dem Sven Zeit für etwas anderes wie Schule und seinen geliebten Sport hatte. Er hätte auch eine weiterführende Schule besuchen können, entschied sich jedoch für eine Berufsausbildung.
Durch die nach wie vor guten Verbindungen zu Stefan Himmler, wechselte Sven 2003 zum SC Bietigheim-Bissingen und konnte bei der Porsche AG eine Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker beginnen. In seiner ersten Saison stieg Sven’s Mannschaft in die Jugendbundesliga auf, er war maßgeblich als 2. bester Torschütze daran beteiligt. In seinem ersten Jahr als Juniorenspieler (2004-2005) wurde er deutscher Vizemeister, nur knapp war man Kaufbeuren unterlegen, ein einziges Tor fehlte zur Meisterschaft. Diese sollte ein Jahr später dann gewonnen werden, mit 42Toren in 26 Spielen avancierte Sven auch noch zum Toptorjäger und Topscorer (68 Punkte) der Juniorenbundesliga.
Sein Debüt im Profi-Eishockey gab Sven bereits 1 Jahr zuvor und kam immerhin auf 20 zumeist Kurzeinsätze in der 2. Bundesliga.
Auch das Nationalmannschaftstrikot durfte Sven überstreifen, nahm mit der U17 und der U18 an mehreren Lehrgängen und Turnieren teil.
Nachdem 2006 auch die Ausbildung bei Porsche mit sehr guten Resultaten abgeschlossen wurde, wollte der junge Stürmer es als Profi versuchen. Da man ihm in Bietigheim aufgrund des vereinsinternen Erfolgsdrucks keine wirkliche Chance geben wollte, wechselte Sven zum „FC St. Pauli des Eishockeys“, dem EC Hannover.
Die „Indians“, wie sie genannt werden, sind Kult, wer sonst schafft es in der 3. Liga 4000 Zuschauer bei Heimspielen zu mobilisieren und zu Auswärtsspielen mit Heerscharen und auch in Sonderzügen ihre Mannschaft zu begleiten…
In Hannover hat er sich schnell eingelebt, wurde aber zunächst nur sporadisch eingesetzt. Doch mit einem Trainerwechsel wurde es auch für Sven besser, da der neue Mann hinter der Bande, Joe West, große Stücke auf den „Kleinen mit dem großen Kämpferherz“ hält.
Dank der sog. „Förderlizenz“ kam Sven auch auf 16 Einsätze beim EHC Wolfsburg, mit dem er vergangene Saison von der 2.Liga in die DEL aufstieg. Sowohl in Wolfsburg als auch in Hannover spielte sich der heute 1,67 große Spieler in die Herzen der Fans. Der Kosename „Kampfzwerg“ und „Wirbelwind“ sagen viel über Sven’s Spielweise aus: immer 100%, nie einen Puck verloren geben.
Obwohl er gute Angebote aus der 2. Liga vorliegen hatte, entschied sich Sven schon früh für ein weiteres Jahr bei den Niedersachsen, und läuft diese Saison erneut im Trikot der Hannover Indians auf. Nachdem er in der Saisonvorbereitung einen ausgezeichneten Eindruck hinterließ, bekam er von den Kassel Huskies eine Förderlizenz, womit er auch bei den Nordhessen in der 2. Bundesliga eingesetzt werden kann.
Vater Wolfgang wohnt noch immer in Sulzbach, und der ehemaliger Zieh- und Ersatzvater, Mentor und heutiger Berater Stefan Himmler ist seit August auch Sportdirektor des Aschaffenburger Eishockeys.
Seine Wurzeln kann und will der 20-jährige Sven Breiter nicht verleugnen, so erschien er z. B. beim Sommertraining des Aschaffenburg Eishockeynachwuchs und läuft bei Ehrenrunden in Hannover mit einer Aschaffenburg Mütze auf und hat sich für die Erhaltung der Aschaffenburger Eissporthalle eingesetzt.
Er ist ein Kind dieser Region, in einer Sportart, die hier keine große Popularität genießt, fast schon exotisch ist. Wäre er Fussballer oder Handballer, würde man ihn wahrscheinlich auf der Straße ansprechen. So bleibt er ein Idol einer kleinen Minderheit, ein Vorbild des Eishockeynachwuchs dieser Region.
Er hat noch viel vor, seine eigentliche Karriere hat gerade erst begonnen. Und sollte es nicht klappen, dann kann er bei Porsche wieder einsteigen und dort eine andere Laufbahn einschlagen. Dies haben sie ihm angeboten.
So oder so, der „Kleine aus Aschaffenburg“ wird seinen Weg machen…